• © Hanna Karstens - Percussion Day 21.09.2019

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Das Familienorchester der Elbphilharmonie in Kooperation mit der Staatlichen Jugendmusikschule Hamburg

Dienstag, Hafen, ein großartiges Team, große und kleine Familie, ausverkaufte Konzerte, anspruchsvolles Programm – das sind meine Assoziationen zur Elbphilharmonie. Ich bin Mitglied im Familienorchester der Elbphilharmonie.

Was ist das? Das Familienorchester ist eine Kooperation von  Elbphilharmonie  und  Staatlicher Jugendmusikschule Hamburg. Die Vision: Verbinden. Das Familienorchester verbindet Hamburger Musiker unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Leistungsstufen miteinander und mit dem neuen Konzerthaus. Daraus entstand in nunmehr drei vergangenen Arbeitsphasen eine Gemeinschaft. Jeder kommt mit seiner eigenen Geschichte, steht an einem anderen Punkt in seinem Leben, alle verbinden sich  innerhalb der vorherrschenden familiären Atmosphäre und haben den Willen, beim Abschlusskonzert gemeinsam die bestmögliche Performance abzuliefern. 

Dienstagsabend im Kaistudio der Elbphilharmonie: Das Familienorchester probt. Ich sitze mit meiner Posaune in der letzten Reihe. Neben mir meine „musikalische“ Familie, in Form von insgesamt 5 weiteren Posaunen. Nicht weit entfernt sitzt meine tatsächliche Familie: hinter mir mein Vater am Schlagwerk, auf der anderen Seite des Saals meine Mutter am Bariton- und Altsaxophon und zu allem „Überfluss“ meine kleine Schwester (10 Jahre) direkt vor mir an der Tuba. Dabei hatte ich es bisher immer nach Kräften vermieden, in Ensembles mehr als einem Familienmitglied über den Weg zu laufen. Ich war bisher der Ansicht, dass es nicht notwendig wäre, wenn man sich schon ein Dach teilt, auch die Musik zu teilen. Doch entgegen meiner Befürchtungen macht es sehr viel Spaß. Man kennt die Spielweise der Familienmitglieder relativ gut, kennt die Einsätze und Stimmen der anderen und hat dadurch ein, zwei, drei Anker oder Stützen im Orchester.

Wie wird man Teil des Familienorchesters? Unser Weg zum Familienorchester ist wahrscheinlich ein besonderer: Aus der Musikkappelle in Bayern in die Elbphilharmonie. Das „Comeback“ unserer Familie nach Hamburg war beschlossene Sache. Jetzt fehlte nur noch ein Tubalehrer für meine Schwester. Der schnellste Weg war das Talentvorspiel an der Staatlichen Jugendmusikschule. Dabei soll ihre Leistung so überzeugend gewesen sein, dass meine Schwester nicht nur einen Lehrer, sondern auch „Angebote“ von zwei Orchestern bekam. Zum einen vom YouMe! – dem Jugendsinfonieorchester der Musikschule  und zum anderen auch vom Familienorchester der Elbphilharmonie. Das Wort „Familienorchester“ löste bei meiner Familie allgemein Begeisterung aus. Zum Glück wurden noch Spieler für unsere jeweiligen Instrumente gebraucht. So startete das Abenteuer für dreiviertel meiner Familie in der zweiten Arbeitsphase. Seit der dritten sind wir nun vollständig bei den Proben vertreten.

Die Proben machen einen durchschnittlichen Dienstagabend zu etwas Speziellem. Die Anfahrt zur Elbphilharmonie und der Blick auf den Hafen aus dem Probenraum nehmen jede Möglichkeit von schlechter Laune. Neben dem Standort ist eine weitere Familie maßgeblich für die schönen Ergebnisse dieses Projektes: Die Familie Philippsen. Christine Philippsen leistet als Leiterin des Orchesters besondere Arbeit. In den Proben schafft sie es, jeden Musiker mit ihrer guten Laune anzustecken.  Durch ein sehr hohes Maß an Geduld und Einfühlungsvermögen gelingt es ihr, trotz unterschiedlicher Leistungsstände, jedem Mitglied die bedeutenden Feinheiten eines Stückes vor Augen zu führen und das gewünschte Ergebnis „heraus zu kitzeln“.

Was für mich die Arbeit mit Christine besonders macht, ist vor allem ihre sympathische und unaufgeregte Art als Mensch sowie ihre klare Art des Dirigierens und die Einstellung, dass es keine dummen Fragen oder unlösbaren Probleme gibt.

Unterstützt wird sie dabei von ihrem Ehemann Holger Philippsen, der als Assistent des Familienorchesters in die Rolle eines Managers schlüpft. Dabei versorgt er uns ständig mit Informationsmails, Notenmaterial und Terminplanungen. Bei den Proben beaufsichtigt und unterstützt er den Auf- und Abbau der Instrumente und sorgt vor allem beim Schlagwerk dafür, dass alle benötigten Teilinstrumente bereitstehen. Holger hat stets ein  offenes Ohr für Probleme innerhalb des Orchesters. „Regiert“ wird das Familienorchester allerdings durch unseren kleinen lebendigen Talisman, Mia Philippsen. Die Tochter von Christine und Holger kommt selbstverständlich zu jeder Probe mit, um jedem Mitglied ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern.

Damit innerhalb des Orchesters gewährleistet werden kann, dass die Musiker aller Leistungsstufen zusammen musizieren können, haben wir unseren eigenen Arrangeur,  Christoph Kalz. Zu Christoph geht man, wenn die zugeteilte Stimme in Bezug auf Rhythmus oder Tonhöhen zu schwer ist oder außerhalb der eigenen Fähigkeiten liegt. Christoph wandelt dann die Wünsche der Musiker in Rekordzeit in einen entsprechenden Notentext um und sorgt so mit seiner Arbeit dafür, dass wirklich jeder mitspielen kann. Allen Verantwortlichen an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön für ihre großartige Leistung in den vergangenen Arbeitsphasen!

Das bisher Beschriebene  ist eigentlich schon Grund genug, sich für das Familienorchester zu interessieren. Das Sahnehäubchen für mich ist jedoch das Konzerthaus selbst. Die Elbphilharmonie ist, trotz der ganzen Kritik an Bau und Kosten, ein gut durchdachtes und gut konzipiertes Haus für Kunst und Musik. Dank seiner Education-Abteilung und den Mitmachorchestern bietet sie jedem Musikinteressierten einen Raum, sich mit dem weiten Interessengebiet Musik zu beschäftigen. Ein ganz herzlicher Dank an Lutz Köller, der auf Seiten der Elbphilharmonie für die Mitmachorchester und somit auch für das Familienorchester zuständig ist.

Dazu kommt, dass wir als Teil der Elbphilharmonie das Haus natürlich auch aus einer anderen Perspektive kennen lernen. Schließlich dürfen wir vor unseren Konzerten  im Kleinen Saal der Elbphilharmonie in den  Backstage-Bereich. Hier ist genauso viel Trubel wie man es von anderen Auftritten kennt. Nur in der Elbphilharmonie hat man so viel Platz, dass man sich ungestört in seiner Instrumentengruppe oder allein einspielen kann. Über Bildschirme sieht man, wie sich der Saal füllt. Wenn sich dann die Tür zur Bühne öffnet und unsere Großfamilie  die Bühne voller Vorfreude betritt, dann ist das ein besonderes Gefühl. Backstage ist eben doch nicht gleich Backstage. Das muss man selbst erlebt haben.

L. Kroß,

Schülerin der JMS, Posaunistin im Familienorchester

Das Familienorchester der Elbphilharmonie in Kooperation mit der Staatlichen Jugendmusikschule Hamburg Foto: Claudia Höhne