• © Hanna Karstens - Percussion Day 21.09.2019

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Neuerscheinung: Unterrichtsmaterial für den Unterricht Solfège

Zsuzsa Baumgartner

Vergangenheit…

Als ungarisches Kind habe ich in der Musikschule von Budapest einen Musikunterricht genießen können, der so inspirierend war, dass ich unbedingt Musiklehrerin werden wollte.

Ich mochte die Klavierstunden – obwohl meine Klavierlehrerin schrecklich streng war – sodass ich manchmal vor dem Unterricht „gezittert“ habe, aber von der ich die Grundlagen und die große Leidenschaft für meine spätere Lehrertätigkeit bekam; und ich liebte die schönen Solfège-stunden, die neben zweimaligem Instrumentalunterricht auch zweimal 45 Minuten pro Woche pflichtgemäß für alle Musikschulkinder stattfanden.

Wir waren ein lustiges Häuflein von Kindern, die die unterschiedlichsten Instrumente lernten, aber in den Solfègestunden „auf den gemeinsamen Nenner“ kamen. Neben dem Hören, Singen, Erkennen, Niederschreiben von Intervallen, Akkorden und dem Umgang mit Rhythmen (dazu gehörten die regelmäßige „Gehörgymnastik“ oder das „Ohren-Schornsteinfegen“) hat uns fasziniert, die Struktur eines Liedes, eines Stückes zu enthüllen oder die „Wanderung“ von einer Tonart in die andere zu verfolgen. Waren die Zusammenhänge klar, übte es sich viel leichter und brachte viel mehr Spaß! Für die gelernten Inhalte mussten wir in unserer Spielliteratur Beispiele sammeln. Es war vielfach der „Aha-Effekt“ da!

Das mehrstimmige Singen mit der Solmisation ließ uns in die Geheimnisse der Harmonielehre hineinblicken. Das Singen von Musik aus verschiedenen Epochen („Liebling“ der Gruppe war das Mittelalter!) fanden wir nicht nur „cool“, sondern es hat uns unheimlich viele schöne Momente geschenkt – und es hat uns zu begeisterten „Solfègelern“ gemacht.

 

Gegenwart…

Abgesehen aber von dem Spaß, den das Fach bietet, stellt sich ganz allgemein die Frage: Warum sollte eigentlich jedes Kind an einem Solfège-unterricht teilnehmen können? Was entgeht den Kindern ohne Solfège?

Im Instrumentalunterricht ist die Zeit einfach zu knapp, die erklärten theoretischen Hintergründe zu vertiefen und sogar auf eine Fertigkeitsebene zu bringen. Das „Kennen“ heißt noch nicht „Können“! Wie oft kommt bei uns Instrumentallehrkräften sogar ein leichter Frust auf, weil das Kindlein die Pause nicht einhält, weil der Rhythmus ungenau ist, weil zu tief/zu hoch intoniert wird, weil das Vorzeichen immer wieder vergessen wird, weil es mit der Konzentration hapert …weil, weil, weil … Das sind viele „Zutaten“, die zum Musizieren gehören, aber am Instrument sitzend/stehend ist es mühsam, die Probleme erfolgreich zu bewältigen.

In der Solfègestunde beschäftigen wir uns mit diesen vielen Seiten der Musik – hier haben wir die Zeit und Muße, uns mit Rhythmen und Tonarten, mit ihren Funktionalitäten, Darstellungen und ihrer Historie zu befassen, die vielen Aspekte zu bündeln und ihre Anwendung zu trainieren, von Anfang an.

 

Zukunft…

Nun steht ein neues Unterrichtswerk zur Verfügung, das nach Jahren der Erprobung und Sammlung zahlreicher Erfahrungen mit unterschiedlichen Gruppen die jetzige Gestalt erhielt und bei dem Verlag Neue Musik in Berlin erschien.

Die Inhalte reichen von der Rufterz und einfachsten Rhythmen, bestehend aus Vierteln und Achteln, bis hin zu den Umkehrungen der Dreiklänge, Wechseltakt, Modulation und zusammengesetzten Aufgaben. Es sind Übungen zum Singen, Hören, Klatschen, Schreiben, Ergänzen, Notenlesen, Vom Blatt Singen, Improvisieren, Analysieren und es gibt eine Liste mit musikalischen Ausdrücken. Das Werk besteht aus 4 Schülerheften und einem Lehrerheft.

Die Kinder mögen die Hefte (die sich von herkömmlichen Theoriebüchern unterscheiden!), deren methodisch vielseitige und komplexe Herangehensweise die Fertigkeiten der Kinder fördern und trainieren.

Die Methode zeigt, dass Solfège nicht in die „trockene Theorieecke“ gehört, sondern ein lebendiges, Spaß bringendes Fach sein kann: die immer eigenständigere praktische Umsetzung des Gelernten erfüllt die Kinder mit Sicherheit, Stolz und Freude. So dient Solfège als gute Ergänzung und Stütze zum Instrumental- und Gesangsunterricht.    


Zsuzsa Baumgartner